„The 11th Hour“ (Kinostart: 15.11.2007)

„Die Welt geht vor die Hunde, Mal“, philosophierte einst Woody Harrelson alias Mickey Knox in „Natural Born Killers“. Privat und auf die Natur bezogen sieht das der Schauspieler genauso und ist deshalb schon lang als Umweltaktivist unterwegs. Auch Leonardo DiCaprio nutzt nun seinen Bekanntheitsgrad, um auf den desolaten Zustand unseres Planeten hinzuweisen, dessen Lebensuhr inzwischen fünf vor Zwölf, in Englisch „The 11th Hour“ anzeigt.

Ähnlich dem filmischen Konzept von Al Gores „Eine unbequeme Wahrheit“, wird der Zuschauer in dieser Dokumentation von Nadia Conners und Leila Conners Petersen mit Fakten und Bildern konfrontiert, die eines ganz deutlich machen: Wenn nicht sofort etwas geschieht, stirbt der Planet Erde in den kommenden Jahren sukzessive aus. Ein Umdenken ist notwendig, damit auch künftige Generationen genug Rohstoffe und vor allem genug Natur haben, um hier zu leben.

Produzent DiCaprio ließ es sich nicht nehmen, selbst als Moderator vor die Kamera zu treten und einzelne Aspekte hervorzuheben. Dies hat „The 11th Hour“ auch bitter nötig, wenn mehr als ein Dutzend Wissenschaftler ihre Ansichten und Lösungsvorschläge in 90 Minuten kundtun. In großen Teilen sehr informativ und interessant, erweist sich jedoch der visuelle Unterbau der Thesen mit zunehmender Laufzeit als großer Schwachpunkt: Hektische und in (leider moderner) Musikclipästhetik zusammengesetzte Filmschnipsel flimmern nicht selten ohne wirklichen Bezug zu dem Gesagten über die Leinwand und erschweren die Konzentration auf die hörbaren Aussagen der Interviewten.

Was bleibt, ist ein informativer, jedoch inhaltlich viel zu überladener Dokumentarfilm, der optisch keinen Ruhepol findet und trotz seiner wichtigen Thematik und seines Ansinnens – zumindest bei mir – nur wenig hinterlassen hat. Andererseits ist es vielleicht gerade jene Bildsprache, die auch jüngere Kinogänger (und DiCaprio-Fans?) in diesen Film locken wird. Und damit wäre schon viel erreicht.

Bis zum Ellenbogen (Kinostart: 01.11.2007)

Schwarzgeld stinkt nicht. Sven schon. An dieser Stelle eine Entschuldigung an alle, die diesen Namen in ihrem Ausweis stehen haben.
Soll jedoch nicht beleidigend sein, sondern lediglich für demnächst deutschlandweit zu sehende Plakate sensibilisieren, die Justus von Dohnányis schwarze Komödie „Bis zum Ellenbogen“ ankündigen und genau diese Aussage propagieren.
Sven (Dohnányi) ist nämlich tot. Willi (Stefan Kurt), ein arbeitsloser Lebenskünstler im Schweizer Alpenurlaub, und Achim (Jan Josef Liefers), ein mit Riesenego ausgestatteter Jungunternehmer, sind sich dessen bewußt, allerdings auch gierig auf Svens Bankschlüssel, der den Zugang zum Schwarzgeld seines Chefs freigibt.
Sven hat die beiden nach einem Unfall vor seiner Ferienhütte aufgegabelt und ihnen Unterschlupf gewährt, es wurde zusammen gekocht, gelacht und die Bierreserven aufgebraucht. Für den Gastgeber war es das letzte gemeinsame Lagerfeuer, Willi und Achim jedoch entdecken an diesem Abend ihre kriminelle Energie. Um an den Safeschlüssel zu kommen, müssen sie ihren toten Freund irgendwie nach Sylt bringen - im Fußballsommer 2006 ein echtes Abenteuer!
Realisiert mit einem Minibudget, fast ohne Förderung und einem kleinen Filmteam, legt Schauspieler/Autor/Regisseur Dohnányi („Napola“) mit seinem Regieerstling eine flotte, respektlose und fabelhaft gespielte Komödie vor, die nicht nur ein paar interessante Ideen zum Leichentransport liefert, sondern gleichzeitig zeigt, wie mit wenigen Mitteln, einem pointiertem Skript und Talent - das, was „Weißt was geil wär“ fehlt - tolles Kino entsteht.

Weißt was geil wär...?! (Kinostart: 01.11.2007)

Wenn dieser Film ein originelles Drehbuch hätt!

Weißt du, was ich mega fänd? So cool und talentiert zu sein wie Quentin Tarantino, der in seiner Jugend in einer Videothek arbeitete, jeden Tag zig Filme guckte und irgendwann selbst einen großartigen Streifen („Reservoir Dogs“) aus dem Ärmel schüttelte - obwohl er zuvor nie eine Filmschule besucht hat. Bin ich aber leider nicht, die Macher von „Weißt was geil wär…?!“ allerdings ebensowenig.
Auch wenn ich damit oberlehrerhaft und furchtbar erwachsen, ergo „uncool“ klinge, aber es reicht nun mal nicht, zwei typische (?) Faulenzerstudenten (Axel Schreiber, Isaak Dentler) in ihrer versifften WG verkrampft und so offensichtlich auf lustig getrimmt über Nonsens plappern zu lassen, während sich Pizzaschachteln neben dem Sofa auftürmen und die Oma im Rollstuhl schweigend ins Leere glotzt. Das ist erstens nicht neu und zweitens schon besser umgesetzt worden - siehe „Lammbock“.
Zudem gewinnt das Drehbuch keinen Ideenwettbewerb, wenn mal eben eine quirlige Schönheit (Nadja Bobyleva) als neue Mitbewohnerin in die Geschichte geworfen wird, die von einer Schauspielkarriere träumt (ohh!) und natürlich die Hormone ihrer Zimmernachbarn durcheinanderwirbelt. Wie passend, daß die beiden Kerle eine Kamera besitzen, viele Filme kennen und selbst einen machen wollen.
Coolness, Romantik, Wortwitz und eine alltagsnahe Inszenierung in 97 Minuten zu packen, ist ein lobenswerter Ansatz von Regisseur und Autor Mike Marzuk. Zuende gedacht ist jedoch nix davon und somit irren die talentierten Darsteller (immerhin glaubhaft) durch ihr Lebenschaos.

Operation Kingdom (Kinostart: 11.10.2007)

Hut ab, Peter Berg! Mit „Operation: Kingdom“ hat der Regisseur und Schauspieler einen Politthriller aus dem Hut gezaubert, den man Hollywood nicht zugetraut hätte.
Zumal die Zutaten Schlimmes erwarten lassen. In einer amerikanischen Wohnsiedlung in Riad kommt es zu einem verheerenden Bombenanschlag, dem mehr als 100 Menschen zum Opfer fallen. Das Mißtrauen der Amis gegenüber den arabischen Ermittlern ist groß, denn die Täter trugen deren Uniformen und ganz so fix wie die Kollegen von „CSI“ scheinen die örtlichen Fachkräfte auch nicht zu sein. FBI-Agent Ronald Fleury (Jamie Foxx) soll´s richten und macht sich mit seinem Team (darunter Chris Cooper und Jennifer Garner) auf den Weg ins Königreich.
Dort ist man wenig erfreut über die breitbeinige Arroganz der Sonnenbrillenträger, stellt ihnen mit Al-Ghazi (Ashraf Barhoum) jedoch einen kompetenten Assistenten zur Seite, der die zur Aufklärung nötigen Kontakte vermittelt. Die Jagd auf die Täter beginnt, endet allerdings ganz anders, als es sich das FBI erhofft – und der Zuschauer vermutet.
Optisch eindeutig von Produzent Michael Manns („Miami Vice“) mitreißendem Stil beeinflußt, punktet „Operation: Kingdom“ vor allem mit seinem fulminanten, inhaltlich hervorragend angekündigten Showdown und einer Schlußwendung, die zugegebenermaßen mit der Zärtlichkeit eines Vorschlaghammers aufschlägt, dafür aber sehr lange nachwirkt. Peter Berg inszeniert weniger subtil als es beispielsweise Stephen Gaghan in „Syriana“ tat, dem politischen Ansinnen jedoch durchaus angemessen.

Invasion (Kinostart:18.10.2007)

Es liest sich so schön: Nicole Kidman, Neu-Bond Daniel Craig und Jeffrey Wright („Basquiat“) in einem Film von Oliver Hirschbiegel („Der Untergang“). Klingt wunderbar, sieht aber fürchterlich aus. Und ist gleichzeitig ein fabelhaftes Beispiel für gängige Mechanismen in Hollywood.

Da haben wir also den Neuling (Hirschbiegel), dessen Hitlerkammerspiel für Aufsehen sorgt und ihm die Türen nach Amerika öffnet. Hier warten die Stars, große Budgets und sogar tolle Drehbücher. Zwar kriegt der Deutsche erstmal „nur“ ein älteres zur Neuverfilmung, doch auch der vierte Aufguß von Jack Finneys doppeldeutigen Roman „Die Körperfresser kommen“ (1955) hat in Zeiten eines kriegslüsternen Präsidenten und dessen willenlosen Mitstreitern seine Daseinsberechtigung, schildert er doch die schleichende „Invasion“ feindlicher Sporen, deren Ziel die Eroberung des Planeten Erde ist.

Ja, politische Seitenhiebe sind erwünscht, jedoch in kleinen Dosen. Der Deutsche war dabei wohl etwas übereifrig und erwartungsgemäß gewissenhaft, allerdings nicht im Sinne des Produzenten. Joel Silver heißt dieser, ist ein Alphamännchen und weiß, wie man Kasse macht – so allerdings nicht! Also packt er sein rotes Telefon aus und bittet seine Lieblinge, die Wachowski-Brüder („Matrix“), um neue Drehbuchseiten sowie James McTeigue („V wie Vendetta“) um den Nachdreh eines Drittels.

Das Gute daran: Der Untertitel „Sie werden nichts spüren!“ trifft nun wunderbar zu, denn „Invasion“ ist seelenlose Massenware, die nach einer guten Exposition in inhaltlicher und optischer Belanglosigkeit erstickt.