„The Wrestler“ (Kinostart: 26. Februar 2009)

Es ist inzwischen seltener geworden. Dieses Gefühl nach einem Kinobesuch, in den vorangegangenen zwei Stunden etwas Außergewöhnliches gesehen zu haben. Ab und an jedoch geschieht es ganz überraschend, unerwartet, ohne Vorwarnung. „The Wrestler“ von Darren Aronofsky ist so ein Fall.

Wohl auch, oder besser: gerade dann, wenn man um die Geschichte seiner Entstehung weiß. Denn dieser Film ist gleichzeitig ein Wagnis, ein Rettungsanker, ein Triumph für zwei Künstler, die vom Zenit ihres Schaffens ohne Zwischenstopp in die Tiefen der (beinahe) Bedeutungslosigkeit gefallen sind und nun einen Neuanfang wagen.

1. Mickey Rourke
Kometenhaft stieg er in den 1980er Jahren mit Filmen wie „9½ Wochen“, „Im Jahr des Drachen“ oder „Angel Heart“ zu einem der gefragtesten und anerkanntesten Charaktermimen auf, dem von vielen eine glänzende und vielversprechende Karriere attestiert wurde. Doch sein Ego wuchs ebenso mit, häufige Auseinandersetzungen mit Regisseuren und ausbleibender Erfolg auch mit Mainstreamprojekten drängten Rourke ins künstlerische Abseits. Nach einigen Jahren als Profiboxer (schon vor seiner Filmkarriere galt er als Boxtalent), kehrte er Ende der 1990er Jahre mit kleinen Nebenrollen wieder ins Filmgeschäft zurück.

Und diese Chance wusste er zu nutzen: Wer einmal Sean Penns „Das Versprechen“ gesehen hat, wo Rourke in einer einzigen kurzen Szene als gebrochener Vater brilliert, konnte sich nur wünschen, dass dieser Mann wieder den Weg an die Spitze findet. Und tatsächlich: In „Once upon a time in Mexico“ und „Sin City“ besetzte Robert Rodriguez Rourke als tragenden Nebencharakter, mit „Spun“ und „Domino“ folgten schließlich wieder Hauptrollen.

Und nun „The Wrestler“. Die Grenzen zwischen Schauspieler und Figur verwischen vollständig, es ist unübersehbar, wie sehr sich Rourke mit der Rolle des in die Jahre gekommenen Wrestling-Helden Randy „The Ram“ Robinson identifiziert. Die Erfolgsjahre sind vorbei, der einstige Star und Liebling der Fans fristet sein Dasein in einem kleinen Wohnwagen, für dessen Miete er kaum aufkommen kann. Hält sich mit drittklassigen Kämpfen über Wasser und verhökert am Wochenende Devotionalien (Videos, Autogramme, etc.), deren Halbwertszeit ebenso längst überschritten ist wie die von Ram selbst. Ab und an sucht er die Nähe zu einer Stripperin (wie immer atemberaubend in Schauspiel und Aussehen: Marisa Tomei, hierfür zum dritten Mal für den Oscar nominiert), oder rangelt sich zum Spaß mit Nachbarskindern.

Es sind die kleinen Gesten, die zurückhaltenden Dialoge und die sorgsam eingefügten Dinge im Hintergrund, die „The Wrestler“ so besonders machen. Die Kleidung, die Musik, das Aufsetzen der Brille, der Wrestlingfreund mit Stock, der Weg zur Wursttheke untermalt mit dem Geschrei der Fans - eine schier endlose Liste, mit der Aronofsky seinen Film spickt und mitreißt, verzaubert, zu Tränen rührt.

2. Darren Aronofsky
Dabei ist es kaum vorstellbar, einen in der Umsetzung so reduzierten, ja fast dokumentarischen Film von einem Mann wie Aronofsky geschenkt zu bekommen. Denn wie weiter oben schon erwähnt, ist „The Wrestler“ auch für ihn ein Neuanfang von ganz unten. Nach den zwei sowohl von Kritikern als auch vom Publikum hoch gelobten und erfolgreichen Independentwerken „Pi“ und „Requiem for a Dream“, wagte er sich nach finanziellen und künstlerischen Rückschlägen in der Vorproduktion 2006 schließlich an sein Wunschprojekt „The Fountain“. Eine philosophische Reise durch Raum und Zeit, vollgestopft mit Metaphern, Special Effects, mittelalterlichen Schwertkämpfen, einer Liebesgeschichte und und und. Ein Film, der ohne Zweifel in die Nähe von Kubricks Jahrhundertwerk „2001-Odyssee im Weltraum“ gerückt werden sollte, auch wenn sich der Film wohl niemanden jemals ganz erschließen wird. Das Kunstwerk floppte erwartungsgemäß weltweit, die künstlerische und finanzielle Freiheit für das einst geliebte Wunderkind Aronofsky schien beendet.

Umso erfreulicher, ihn nun mit einem völlig anders umgesetzten Stoff, in einem völlig neuen Genre wiederzuentdecken. Ebenso wie für Rourke ist „The Wrestler“ für Aronofsky die zweite Chance, die so viele sonst nie erhalten.
Eine Auftragsarbeit also? Glücklicherweise nicht. Sondern wie schon drei Mal zuvor wiederum ein ganz persönliches Ausnahmewerk eines Ausnahmeregisseurs, das, unabhängig von seinem finanziellen Erfolg, so schnell nicht vergessen werden wird.

„Milk“ (Kinostart: 19. Februar 2009)

Eine reale Person und ihr Leben in zwei Stunden Film zu packen, ist immer ein künstlerisches Wagnis mit vielen Fallstricken. Gus van Sants „Milk“ umschifft diese jedoch (fast) alle mit Bravour.

Keine Frage, die Vorzeichen für ein Gelingen standen ohnehin von Anfang an gut: Harvey Milk als Porträtierter eignet sich dank seiner außergewöhnlichen Persönlichkeit und Lebensgeschichte ebenso hervorragend für ein Biopic wie Sean Penn als Hauptdarsteller und Zugpferd für einen Film, der zwar vordergründig die Emanzipation der amerikanischen Schwulenbewegung Ende der 1970er Jahre thematisiert, jedoch ebenso als Kampf um Bürgerrechte, Gleichberechtigung und Anerkennung vieler vermeintlicher „Randgruppen“ interpretiert werden kann.

Penn gibt seinen Harvey Milk als gewissenhaft handelnden, seine Ziele stets vor Augen haltenden Mann, der trotz vorherrschender Ressentiments gegen seine offen gezeigte Homosexualität konsequent um ein Amt als Stadtrat kämpft. Beziehungen werden geopfert, Demonstrationen organisiert, Kompromisse geschlossen. Milk steht bald an der Spitze einer ganzen Bewegung und gilt als Hoffnungsträger der „kleinen Leute“. Doch wo Freunde sind, gibt es auch Feinde, die zu allem entschlossen sind.

Van Sants („Elephant“) wohl persönlichster Film ist zweifellos sowohl fabelhaft gespielt als auch handwerklich über jeden Zweifel erhaben. Acht Oscarnominierungen zum Trotz bewegt sich „Milk“ jedoch stets im stringenten, engen Korsett einer filmischen Biographie, die wenige dramaturgische Überraschungen, dafür viele Emotionen bietet.

Erschienen in "ad rem" vom 4. Februar 2009.

„Ein Leben für ein Leben - Adam Resurrected“ (Kinostart: 19. Februar 2009)

Selten zuvor gab es einen Film mit solch einer (Nach)Wirkung. Selbst Wochen nach dem Besuch einer Vorstellung bleiben einzelne Bilder und Szenen im Gedächtnis präsent wie sonst nur ein Ohrwurm aus dem Radio - hier nun leider in einem weniger schönen Zusammenhang.

Paul Schrader, einst gefeierter Drehbuchautor („Taxi Driver“) und Regisseur („American Gigolo - Ein Mann für gewisse Stunden“), widmet sich nach seinem Produktionsfiasko* „Dominion: Prequel to the Exorcist“ nun wieder einem ernsthafteren Stoff und wagt mit „Adam Resurrected“ gleichsam das Annähern an ein Tabu-Thema. Warum sonst ist es bis heute filmisch kaum beachtet worden?
Adam Stein (Jeff Goldblum) lebt in einem Sanatorium inmitten der Wüste Israels. Zusammen mit vielen anderen Patienten (darunter u.a. auch Joachim Król) soll er hier seine Vergangenheit als KZ-Häftling überwinden. Mehr noch als sein Violinenspiel am Eingang in die berüchtigten Gaskammern, in denen er viele Freunde und Verwandte verlor, wirkt jedoch seine Zeit an der Seite des Lagerkommandanten Klein (Willem Dafoe) nach. Denn dieser behandelte Adam buchstäblich wie einen Hund: ständig auf allen Vieren kriechend, bellend, rohes Fleisch essend, Befehlen horchend und mit anderen (echten) Hunden kämpfend, hat diese Zeit ihre tiefen seelischen Spuren an dem einstigen Kabarett-Künstler hinterlassen.
Eines Tages entdeckt Adam in einem abgelegenen Zimmer des Krankenhauses einen Jungen, der ähnliche Verhaltensweisen zeigt wie er. Anfängliche Wut gegenüber dem seltsamen Geschöpf wandelt sich alsbald in Fürsorge, die Adam jedoch mit den schlimmen Erlebnissen seiner Haft konfrontieren.

Zunächst verwirrend und scheinbar ziellos, entwickelt der Film mit zunehmender Laufzeit eine Tiefe und Komplexität, wie es sie zum Thema Holocaust selten und zum Thema Auswirkungen des Holocaust wohl noch nie im Kino gab. Dies durchzustehen, verlangt dem Zuschauer einiges ab, zumal der Fokus immerzu auf Adam und dessen Vergangenheitsbewältigung gerichtet bleibt. Glaubhaft transportieren die Darsteller das erlebte Grauen und den inneren Kampf gegen ihre Erinnerungen. Das, was sonst in thematisch ähnlichen Filmen oftmals ausgespart oder nur in Kurzform angedeutet wird, macht Schrader zu seiner Hauptgeschichte und wirft somit ein anderes, neues, ungleich grausameres Licht auf die Taten der Nazis, wie es anderen Filmen kaum gelingt.
Am Ende ist klar: Verbrechen wie diese hinterlassen nicht nur bei den direkten Opfern Wunden, deren Tiefe man nur erahnen kann. Nicht nur deshalb sollte auch über 60 Jahre später die Erinnerung und Aufarbeitung jener Zeit nicht ad acta gelegt werden.

(* Schrader erhielt 2002 den Zuschlag für ein Drehbuch und einen Film, der die Vorgeschichte von Father Merrin, der Hauptfigur aus dem Klassiker „Der Exorzist“, erzählen sollte. Nach Fertigstellung des Films präsentierte er das Ergebnis den Produzenten, die ihn daraufhin feuerten und das Werk im „Giftschrank“ wegschlossen.
Renny Harlin, ein Actionregisseur mit einer sehr wechselhaften Karriere („Stirb Langsam 2“, „Cliffhanger“, Mindhunters“), sprang ein und durfte mit einem neuen (verkleinerten) Budget und einem neuen Drehbuchentwurf mit identischem Hauptdarsteller und an gleicher Location eine neue Version drehen („Exorcist: The Beginning“), die mehr den Erwartungen der Geldgeber entsprach.
Zwar blieb der Erfolg an den Kinokassen aus, für interessierte Filmfans - dank der Veröffentlichung beider Fassungen auf DVD - jedoch eine interessante Möglichkeit, zwei Filme mit gleichem Ausgangsmaterial miteinander zu vergleichen.)

„Er steht einfach nicht auf dich!“ (Kinostart: 12. Februar 2009)

Wer liebt, der leidet. Wer nicht liebt, leidet noch mehr. So erzählt es zumindest Ken Kwapis´ Liebesreigen „Er steht einfach nicht auf dich!“, der sich trotz des kindlichen Titels erstaunlich ernsthaft seinen Protagonisten und deren Beziehungsproblemen annähert. Wohl auch, da sich alle Figuren irgendwo zwischen ihrem 25. und 40. Lebensjahr und in einer Ehe, Affäre, Suche oder Trennung befinden sowie auf pubertäres Gehabe glücklicherweise verzichten.

Während Beth (Jennifer Aniston) nach jahrelangem, vergeblichem Warten auf einen Heiratsantrag ihres Liebsten (Ben Affleck) das Weite sucht, sieht Janine (Jennifer Connelly) ihre Ehe mit Jugendliebe Ben (Bradley Cooper) zerbrechen. Anna (Scarlett Johansson) indessen nutzt ihren besten Freund als Beziehungsersatz aus und die Singles Mary (Drew Barrymore) und Gigi (Ginnifer Goodwin) sammeln eine Enttäuschung nach der nächsten.

Nicht überraschend, teilweise aber auch mit einem Augenzwinkern inszeniert, darf hier gelacht, geschluchzt, geweint und geträumt werden. Was braucht es mehr?

Erschienen in der Sächsischen Zeitung vom 12.02.2009

„Frost/Nixon“ (Kinostart: 5. Februar 2009)

Parallel zu „Glaubensfrage“ startet mit „Frost/Nixon“ ein weiteres Drama, das auf einem Theaterstück basiert und die Macht des gesprochenen Wortes nutzt, um ein faszinierendes, fesselndes sowie großartig gespieltes Kinoerlebnis zu schaffen, das aktueller nicht sein könnte.

Im Sommer 1977 erklärte sich der drei Jahre zuvor abgetretene US-Präsident Richard Nixon erstmalig bereit, ein offenes Interview zu allen Fragen seiner Amtszeit zu geben. Als bis dato einziges Staatsoberhaupt der USA war der Republikaner Nixon vorzeitig zurückgetreten, nachdem ihm Verbindungen zu einem Einbruch im Parteizentrum der oppositionellen Demokraten nachgewiesen worden waren und im Zuge dessen etliche weitere Amtsmissbräuche aufgedeckt wurden.
Im Jahr 1977 erlaubte er einem TV-Team schließlich, ein vierteiliges Interview zu führen. Grund für seinen Sinneswandel war wohl - neben dem Honorar - der Wunsch, der amerikanischen Bevölkerung nun endlich den „wahren“ Nixon zu zeigen, einen Staatsmann, dessen oberstes Ziel der Schutz seines Landes gewesen sei.
Ein scheinbar leichtes Spiel, denn David Frost, ein britischer Moderator mit wenig Erfahrung im seriösen Journalistenberuf, war dem rhetorischen Meister Nixon von Anfang an nicht gewachsen, was dieser ohne Rücksicht auf Verluste (in diesem Fall dem Ansehen Frosts) ausnutzte. Doch der im Hintergrund agierende, akribisch recherchierende Beraterstab des Moderators gab nicht auf und lieferte Frost am vierten und letzten Tag der Interviewsession genau die Stichworte, die Nixon schließlich ins Stottern bringen sollten.

Tatsächlich haben diese Interviews bei ihrer Erstausstrahlung Ende der 1970er Jahre in den USA für Rekordeinschaltquoten gesorgt. Peter Morgan verarbeitete sie zu einem Bühnenstück, das nun von Ron Howard („A Beautiful Mind“, „Apollo 13“, „Da Vinci Code“) kongenial für die Leinwand adaptiert wurde. Glücklicherweise entschied man sich für die Übernahme der Originalbesetzung aus der Theaterinszenierung: Michael Sheen als David Frost und Frank Langella als Richard Nixon. Neben der fast schon beängstigend wirkenden, genauen Kopie der Nixon´schen Körperhaltung bei Langella, ist es bei Sheen das zunächst naive, später ehrgeizige Auftreten, das begeistert.

Auch hier ist es ein Kampf mit Worten, Gesten und verbalen Fallstricken, der die solide Inszenierung nur als schmuckes Beiwerk erscheinen lässt. Nichts lenkt ab, keine überflüssigen Nebenstränge stören das faszinierende Aufeinandertreffen der beiden Männer. Und wer nun meint, die erste halbe Stunde, die sich fast ausschließlich dem Porträt des Moderators widmet, sei überflüssig, der verkennt die Bedeutung eben jenes filmischen Vorspiels: Denn zum einen ist im Gegensatz zu Richard Nixon der Name David Frost nicht jedem geläufig, zweitens enthüllt das schier endlose „Klinkenputzen“ Frosts bei verschiedenen Sponsoren im Vorfeld die Furcht und Zurückhaltung Amerikas vor einer „öffentlichen Anklage“ eines seiner Präsidenten selbst Jahre nach dessen Abtritt. Zu guter Letzt verdeutlicht die anfängliche Konzentration auf Frost die Ursachen seines Ehrgeizes, den er später an den Tag legt: Er braucht einen Erfolg, um sowohl finanziell als auch beruflich wieder Fuß zu fassen.

Ron Howard beweist einmal mehr sein Talent als Filmemacher und hat mit „Frost/Nixon“ ein spannendes Zeitdokument geschaffen, das jedem an Zeitgeschichte Interessierten hiermit vorbehaltlos empfohlen sei.

P.S.: Seit Dezember 2008 gibt es die Originalinterviews als Region-1-DVD zu kaufen. Mehr dazu auf www.frostnixon.com.

„Glaubensfrage“ (Kinostart: 5. Februar 2009)

Zu Beginn ein kleines Wortspiel: Ist Schauspielerin Meryl Streep in einem neuen Film zu sehen, so ist ihr eine Oscarnominierung so sicher wie das Amen in der Kirche. Nach zwei bereits gewonnenen Goldmännern erhielt sie nun für „Glaubensfrage“ ihre 13. (!) Nominierung. Einmal mehr zu recht, denn ohne ein Talent wie sie es hat, würde ein solch Dialoglastiger Film wie dieser wohl kaum funktionieren. Doch das Lob gebührt ihr nicht allein: Mindestens ebenso fabelhaft aufspielend und wichtig erscheint ihr Gegenpart, verkörpert von Philip Seymour Hoffman („Capote“).

Basierend auf seinem eigenen, mit dem Pulitzerpreis ausgezeichneten Broadway-Stück, inszenierte John Patrick Shanley ein intensives Kammerspiel um Glaube und Moral, Verdächtigungen und Wahrheit. Angesiedelt im New York des Jahres 1964 schildert er darin den Kampf zweier Menschen und deren Überzeugungen, fußend auf dem schrecklichen Verdacht eines Kindesmissbrauchs.
Pater Flynn (Hoffman) wird unterstellt, sich einem Schüler sexuell genähert zu haben. Zwar gibt es zunächst keinerlei Beweise, doch eine einzelne Beobachtung (Pater Flynn öffnet den Spind des Jungen) genügt der strengen Direktorin, Schwester Beauvier (Streep), um fortan alle Hebel in Bewegung zu setzen und den liberalen, in der Gemeinde beliebten Priester an den Pranger zu stellen.

Durch die spröde, oftmals auch an eine Theaterbühne erinnernde Umsetzung, wird der Zuschauer geradezu gezwungen, sich auf die Wortgefechte der beiden Kontrahenten zu konzentrieren. Sie bilden das Zentrum des Films und machen deutlich, dass Worte noch immer die gefährlichsten Waffen auf diesem Planeten sind. Sie können zerstören, verletzen, trösten und helfen. Nicht weniger machtvoll sind Überzeugungen und Meinungen, die, wenn glaubhaft und frei von Zweifeln verpackt, schnell eine Hysterie lostreten können, der viele widerstandslos folgen.

Da der Zuschauer ebenso wenig wie die Figuren im Film die komplette Wahrheit kennt, bleibt es dem Publikum bis zum Ende selbst überlassen, wem es glauben möchte. Da Autor/Regisseur Shanley während des Drehs auch seinen Darstellern nicht verriet, wer im Recht sei, schwebt stets ein Hauch von Zweifeln in allen ihren Handlungen und Äußerungen mit (so auch der Originaltitel: „Doubt“), was dem Spiel der Akteure eine zusätzliche, emotionale Note gibt.

Ein nachdenklich machendes, großartiges Stück Film!

P.S.: Vielleicht ist es etwas zu weit gedacht, doch überträgt man dieses Szenario von der Kirche auf den Staat, so kann man „Glaubensfrage“ auch wunderbar als Allegorie auf die Außenpolitik der Bush-Regierung verstehen.