„Transformers – Die Rache“ (Kinostart: 24. Juni 2009)

Dieser Mann liebt den Schmerz. Anders ist es wohl nicht zu deuten, dass Hollywood-Filmemacher Michael Bay immer wieder auf den Regiestuhl steigt und sündhaft teure Actionwerke vom Stapel lässt (Kosten diesmal: 200 Millionen US-Dollar), die immerzu von der beißwütigen Kritikerschar, zumindest in seinem Heimatland, in Grund und Boden gestampft werden. Dem Publikum hingegen ist´s egal, bis auf „Die Insel“ (2005) zählen Bays Filme zu den finanziell ergiebigsten Kindern der Traumfabrik. Ironie: Einzig „Die Insel“ bescherte dem 44jährigen einst Kritikerlob.

Nun also Teil zwo seiner computergenerierten Zerstörungsorgie, nach Aussagen seines Schöpfers „eine Mischung aus ‚Ben Hur‘ und ‚Apocalypse Now‘“. Bescheidenheit war gestern, allerdings würde „Transformers – Die Rache“ wohl kaum ein anderes Attribut besser stehen – rein optisch natürlich.

Zahlenmäßig ordentlich aufgestockt, führt der Film den stets von hohen Kollateralschäden begleiteten Kampf zweier verfeindeter Roboterarmeen (Decepticons & Autobots) auf der Erde fort, mittendrin einmal mehr ein sympathischer Shia LaBeouf als Sam, der ungewollt zwischen die Fronten gerät und zusammen mit seiner Freundin (Megan Fox) von einem Schauplatz zum nächsten hastet. Wobei auch hier gilt: Schöner, größer, bunter.
Egal ob Europa, Afrika oder Asien, Bay lässt seine Maschinenberserker überall von der Leine, Verschnaufpausen gönnt er dabei weder seinen Akteuren noch den Zuschauern. Schade, denn so wird selbst die sinnfreieste Achterbahnfahrt auf Zelluloid irgendwann ermüdend, verliert die Detailverliebtheit an den wunderbar animierten Maschinchen ihren Reiz, hilft auch kein Charakterkopf wie John Turturro („The Big Lebowski“) mehr, um die Geschichte noch aufzuwerten.

Zuviel Süßes verdirbt halt den Magen. Lecker ist es trotzdem.

„Die Gräfin“ (Kinostart: 25. Juni 2009)

Babelsberg, Görlitz, Meißen. Immer öfter zieht es internationale Filmproduktionen in deutsche Gefilde, finden Regisseure wie Quentin Tarantino („Inglourious Basterds“) oder Stephen Daldry („Der Vorleser“) auch im Osten der Republik geeignete Schauplätze für ihre Projekte.
Im März 2008 war es Julie Delpy („2 Tage Paris“), die im Dom der Stadt Meißen einige Szenen für ihr Historiendrama „Die Gräfin“ inszenierte und damit auch Daniel Brühl, ihren männlichen Hauptdarsteller, begeistern konnte: „Wir drehten in wunderbaren Locations. Es ist immer schöner, in Originalkulissen zu spielen, weil sie eine einzigartige Atmosphäre verströmen. Ich war erstaunt, wie viele hübsche Bauten es im Osten Deutschlands noch gibt und wie toll sie erhalten sind.“

In „Die Gräfin“ spielt Brühl Istvan Thurzo, die junge Liebschaft von Gräfin Erzebet Bathory (Delpy), die sich nach dem Tod ihres Gatten im Ungarn des späten 16. Jahrhunderts als alleinstehende Adlige in einer von Männern dominierten Welt behaupten muss und an unerfüllter Liebe zu zerbrechen droht. Denn Graf Thurzo (William Hurt), zurückgewiesener Witwentröster und Vater von Istvan, zwingt seinen Sohn zur Heirat mit einer Anderen, ohne die wesentlich ältere Gräfin davon zu unterrichten. Überzeugt, er habe sie aufgrund ihres Aussehens zurückgewiesen, lässt Erzebet fortan jungfräuliche Mädchen töten, um durch deren Blut ewige Schönheit zu erlangen.

Regisseurin Delpy inszeniert die auf wahren Ereignissen beruhende Geschichte zunächst als klassisches Kostüm- und Liebesdrama, das sich immer mehr in einen düsteren Horrorfilm wandelt, jedoch stets die innerliche Zerrissenheit, den Liebesdurst und schließlich den bizarren Wahn der Gräfin im Fokus behält. Die sehr guten – darunter etlichen deutschen – Nebendarsteller erfreuen dabei ebenso wie die leichte Ironie, mit der Delpy den modernen Schönheitswahn kommentiert.

Zur Deutschlandpremiere des Films besucht das Filmteam am 25. Juni die „Filmnächte am Elbufer“.

Aus dem „Meißner Tageblatt“ vom 24. Juni 2009.

„Shopping-Center King“ (Kinostart: 18. Juni 2009)

Den Idioten gehört die Welt.

Was wäre das Kino ohne seine Freaks? Ob „Borat“, „Forrest Gump“ oder nun der „Shopping-Center King“, unterhaltsam wird es immer dann, wenn sich ein Film Sonderlingen annimmt, die ihre ganz spezielle Art haben, den Alltag zu meistern.

Als Quasi-Gegenstück zum etwas familienfreundlicheren Kollegen Kevin James, der noch im März den „Kaufhaus Cop“ gab, darf nun US-Komiker Seth Rogen („Beim ersten Mal“) als Wachdienstleiter eines Einkaufszentrums hemmungslos sein Revier säubern. Ein Exhibitionist kommt seiner Selbstüberschätzung und Träumerei vom „echten Polizistenleben“ dabei genau recht, Profikommissar Harrison (Ray Liotta) samt Kompetenz weniger.

Laut Regisseur Jody Hill inspiriert von Travis „Taxi Driver“ Bickle, stellt die Komödie den ewigen Verlierer in den Mittelpunkt, versucht jedoch gar nicht erst, ihn dem Publikum sympathisch zu machen. So erleben wir, untermalt vom zynischen Off-Kommentar des Hauptakteurs, seine Sicht der Welt. Das schließt einige ziemlich seltsame Ansichten und Proll-Verhaltensweisen zwangsläufig mit ein. Der Humor ist derb, wenig subtil und macht sich keine Gedanken um Scham oder guten Geschmack. Hier wird nicht gekuscht oder abgeblendet, sondern hemmungslos draufgehalten, bis der Gag verblasst. Anspruch und interessante Wendungen sind absent, amüsant ist´s mitunter trotzdem - Ray Liotta sei dank! Denn dessen Wutausbrüche sind nicht erst seit „Goodfellas“ legendär.

(Wertung: 3 von 6 Punkten; erschienen in der Sächsischen Zeitung vom 18.06.2009)

„State of Play“ (Kinostart: 18. Juni 2009)

Verwunderung gepaart mit Freude. So der Gemütszustand nach Sichtung von „State of Play“, dem neuen Thriller von Kevin Macdonald („Ein Tag im September“, 1999; „Der letzte König von Schottland“, 2006). Es ist die Verwunderung über die simple Reduzierung sowohl auf inhaltlicher als auch visueller Ebene auf das Essenzielle, befreit von jeglichem überflüssigen Ballast, der etliche Produktionen dieses Genres auszeichnet. Irrelevante Nebenstränge sucht man hier vergebens, kein konstruiertes Techtelmechtel zwischen einzelnen Charakteren stört die clever konstruierte, an Überraschungen nicht arme Geschichte. Es ist gleichzeitig die Freude darüber, dass eine britische Mini-TV-Serie so wunderbar in Filmform übertragen werden konnte und trotzdem nicht den Eindruck einer durchgestylten Hollywoodproduktion trägt.

Obgleich die Zutaten diese Vermutung nahe legen: Zu Beginn ein Mord, der Verdacht einer politischen Verschwörung, schließlich journalistische Puzzlearbeit mit einigen sehr überraschenden Enthüllungen.
Die Assistentin von Senator Collins (Ben Affleck) wird eines Morgens vor die Gleise einer U-Bahn gestoßen, bei der anschließenden Pressekonferenz zeigt sich ihr Chef allerdings angeschlagener als vermutet. Womöglich eine außereheliche Affäre des Saubermanns und neuen Hoffnungsträgers seiner Partei? Ausgerechnet sein früherer Kommilitone Cal (Russell Crowe), Vorzeigejournalist einer bedeutenden Tageszeitung, wird mit den Recherchen zu diesem Fall beauftragt. Unterstützung erhält er dabei von Della Frye (Rachel McAdams), einer jungen Redakteurin, die ihm seine resolute Chefin (Helen Mirren) zur Seite stellt. Schnell wird beiden klar, dass Collins nicht nur innerhalb des Kongresses Gegner zu haben scheint.

Wirklich wunderbar, wie das fintenreiche Drehbuch den Zuschauer miträtseln und -fiebern lässt, wenn immer neue Informationen enthüllt und dem großen Ganzen hinzugefügt werden. Stets auf Augenhöhe mit den Journalisten, erzeugt dies nicht nur Spannung, sondern zeigt nebenbei ebenso auf, wie vielschichtig nicht nur politisch motivierte Verschwörungen sein können. Macht, Einfluss und Reichtum sind die Triebfedern hinter den Akteuren, ihre Mittel und Wege zum Erreichen ihrer Ziele dabei oftmals erst auf den zweiten Blick durchschaubar.

Kevin Macdonald ist mit „State of Play“ ein packender, anspruchsvoller sowie durch und durch unterhalstamer Krimi gelungen, nahezu altmodisch in seiner Inszenierung, getragen von einer Handvoll glaubhaft agierender Charaktere. Sehr fein.

„Terminator: Die Erlösung“ (Kinostart: 4. Juni 2009)

Es gibt nur wenige Filmfiguren, die eine solche Assoziation mit ihrem Darsteller zur Folge hatten wie die des „Terminator“ und Arnold Schwarzenegger. Vor nunmehr 25 Jahren war es diese Rolle, mit der Regisseur James Cameron („Titanic“) das schauspielerisch nur mäßig begabte Muskelpaket aus Österreich zum Weltstar und Actionhelden einer ganzen Generation aufstiegen ließ.
Mit einem sehr viel höheren Filmbudget ausgestattet, wagten beide 1991 einen zweiten Teil, der noch heute als Quantensprung für visuelle Effekte im Film gilt. Inhaltlich war für Cameron danach alles erzählt, der riesige finanzielle Erfolg jedoch ließ die Produzenten stets auf eine Fortsetzung hoffen. Diese folgte - ohne Autor Cameron – im Jahr 2003, eine weitere startet nun unter dem Titel „Die Erlösung“.

Wie zu erwarten bei einem vorbelasteten Regisseur wie McG (eigentlich Joseph McGinty Nichol, „3 Engel für Charlie“), ergießt sich hierbei eine laute, temporeiche und wuselige Effekteshow über den Zuschauer, die den demnächst ebenfalls im Kino startenden „Transformers 2“ ordentlich Paroli bietet. Charakterkopf Christian Bale („Batman Begins“) führt die Rolle des Rebellenführers John Connor überzeugend fort und nimmt uns mit in eine von Maschinen zerstörte und regierte Zukunft, in welcher Menschen lediglich als Ersatzteillager und Grabschaufler dienlich sind.

Eine Zukunft, deren Komplexität wohl nur Kenner der Vorfilme ganz durchschauen können, wenngleich sie ob des fehlenden Tiefgangs, glaubhafter Charaktere und philosophischer Fragen zur Existenz - also all das, was Filmemacher Cameron zu einer Koryphäe unter den Action-Regisseuren macht - „Die Erlösung“ mit gemischten Gefühlen betrachten werden.

Was bleibt, ist Augenfutter par excellence, zumindest auf großer Leinwand ist dies ja immer einen Blick wert.

Aus dem „Meißner Tageblatt“ vom 4. Juni 2009.