Heimkino-Tipp: „Redemption – Stunde der Vergeltung“ (2013)

Der Brite Jason Statham macht kein Geheimnis daraus, dass er gern in Actionfilmen auftritt. Und obwohl seine Filmografie etliche B-Movies aufweist, die es erst gar nicht ins Kino schafften, hat „The Stath“ auch unter Filmemachern viele Fans – wie zum Beispiel Regielegende Brian De Palma, der neulich in einem Interview den Wunsch äußerte, mit dem kernigen Briten zusammenarbeiten zu wollen. Zu Recht: Denn im Gegensatz zu anderen Genrespezialisten wie Vin Diesel besitzt Statham Charisma, ein sympathisches Auftreten – und tatsächlich Schauspieltalent, wie „Redemption“ zeigt.

Statham gibt den Ex-Soldaten Joey Jones, der unerlaubt desertierte und seither als Obdachloser auf Londons Straßen sein Dasein fristet. Auf der Flucht vor brutalen Schlägern gelangt er zufällig in eine leerstehende Wohnung eines reichen Künstlers, der gerade mehrere Monate im Ausland weilt. Mit neuem Haarschnitt, neuer Kleidung und neuer EC-Karte wagt Joey einen Neuanfang und versucht, sein Leben wieder in den Griff zu kriegen. Bis er vom Tod seiner Freundin erfährt, mit der er zuvor auf dem Bordstein eine Pappbehausung teilte. Mithilfe der Nonne Cristina (Agata Buzek), die eine Straßenmission leitet, sowie den Kontakten seines neuen Arbeitgebers, der chinesischen Mafia, begibt sich Joey auf die Suche nach den Mördern. Auch, um mit einer aus seiner Sicht „guten Tat“ die Dämonen seiner Soldatenvergangenheit endlich loszuwerden.

Ein Ex-Soldat, eine Nonne und ein Rachfeldzug: Thematisch bietet das Regiedebüt vom Oscar-nominierten Autor Steven Knight („Eastern Promises – Tödliche Versprechen“) leider nicht viel Neues. Für seinen Hauptdarsteller The Stath dafür umso mehr: Verfolgungsjagden, Ballereien und Kloppereien stehen nicht im Vordergrund, stattdessen versucht sich Knight an einem Charakterporträt mit Actionzutaten, das gleichzeitig Milieustudie und Gesellschaftskritik sein will. So ehrenwert diese Ansätze sind, überladen sie die eigentliche Geschichte vom gebrochenen Helden(?) und reißen Themen an, die in einem Ken Loach-Film wahrscheinlich besser aufgehoben wären. Menschenhandel, Zwangsprostitution, organisiertes Verbrechen: Die Dinge, deren Zeuge Joey Jones wird, sind mehr wert als ein kurzes Statement in einem Rachethriller mit Drama-Elementen. Die halbgare Romanze zwischen dem untergetauchten Ex-Soldaten und der scheuen Nonne bremst „Redemption“ zusätzlich aus, obgleich Statham auf diese Weise erfreulich viele Szenen zum darstellerischen Beeindrucken erhält.

Letztendlich aber ist „Redemption“ ein zu unentschlossener Genremix, der mit guten Schauspielern aufwartet, inhaltlich jedoch völlig überfrachtet wirkt. Ein Statham-Vehikel mit Anspruch sozusagen, mit dem sich der Brite für weitere Charakterrollen empfiehlt, ohne seine „alten“ Fans komplett zu vergraulen.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung sowie optionale deutsche Untertitel für Hörgeschädigte. Als Bonusmaterial gibt es Kurzinterviews mit Cast & Crew, unkommentierte Szenen vom Dreh sowie Trailer. „Redemption – Stunde der Vergeltung“ erscheint bei Universum Film und ist seit 29. November erhältlich. (Packshot: © Universum Film)

... im Nachgang: „Venus im Pelz“ (Kinostart: 21.11.2013)

Noch besteht die Möglichkeit, Polanskis neues Werk „Venus im Pelz“ im Kino zu erleben. Eine Einstimmung dazu gibt es HIER.

(Bild: © PROKINO Filmverleih GmbH)

Heimkino-Tipp: „Passion“ (2012)

William Friedkin, Francis Ford Coppola, Brian De Palma: Drei Namen, drei einzigartige Filmemacher, die seit den 1970er-Jahren als Regisseure und Drehbuchautoren unterwegs sind und einige der bedeutendsten Werke des vergangenen Jahrtausends geschaffen haben: „Der Exorzist“, „Der Pate“ und „Scarface“ müssen hier als Beispiele reichen, zu lang wäre eine detaillierte Aufzählung ihrer Filmografien. In den letzten Jahren ist die Anzahl ihrer Kinoproduktionen leider etwas zurückgegangen, bei einem Alter 70+ aber nachvollziehbar. Zumal sich die Herren auch abseits der Kameras mit anderer Kunst zu beschäftigen wissen.

Gemein ist ihnen im hohen Alter ebenso eine gewisse Lässigkeit bezüglich ihrer Arbeit und der Unwille, sich vorgegebenen Zwängen irgendwelcher Produzenten oder Filmstudios zu unterwerfen. Experimentierfreudigkeit und kleine Budgets herrschen vor, trotzdem stets mit unverkennbaren Merkmalen versehen, die beispielsweise einen De Palma-Film immer als einen solchen erkennbar machen. So wie „Passion“ mit Rachel McAdams und Noomi Rapace, den De Palma in Berlin inszenierte.

Christine (McAdams) und Isabelle (Rapace) arbeiten in einer international agierenden Marketingagentur über den Dächern der Stadt. Isabelle unterstützt ihre Vorgesetzte Christine gerade bei einer neuen Kampagne, die bei der Präsentation vor den Chefs derart gut ankommt, dass Christine die Idee hierfür spontan für sich beansprucht – obwohl sie allein Isabelles Kreativität entsprungen ist. „Das ist rein geschäftlich.“, begründet Christine die unfeine Aktion, während sie die naive Isabelle weiter fördert, zu wichtigen Partys schleift und überraschenderweise ebenso ein wenig körperliche Nähe zu ihr sucht. Die Welt scheint wieder in Ordnung, bis Isabelle eigenmächtig eine wichtige Entscheidung fällt und Christine daraufhin um ihre Versetzung fürchten muss. Nach außen gefasst, beginnt sie daraufhin einen Kleinkrieg gegen ihre Untergebene, der in einer öffentlichen Demütigung kulminiert – und Isabelle zu ungewöhnlichen Gegenmaßnahmen greifen lässt.

Lust auf einen Zickenkrieg in der High Society? Dann ist De Palmas kühl-erotischer Thriller „Passion“, der auf dem französischen Film „Liebe und Intrigen“ (2010) basiert, genau das Richtige! Zunächst auf rein verbaler Ebene, später mit fiesen Aktionen zeigt er die langsame Genese eines Konkurrenzkampfes um Macht, Zuneigung und Erfolg bis zum bitteren, überraschenden Ende. Untermalt von großartiger Suspense-Musik seines Stammkomponisten Pino Donaggio, seziert Bilderkünstler De Palma die Beziehung der zwei Furien auf seine unverkennbare Weise mit optischen Spielereien (Split-Screen), unerwarteten Wendungen und messerscharfen Dialogen, die dank ihrer subtilen Untertöne zumindest mir mehrmals ein „Was zum Teufel???“ entlocken konnten.

Das Schöne an den meisten De Palma-Werken ist die clevere Inszenierung, die dem aufmerksamen Zuschauer suggeriert, die ganze Chose durchschaut zu haben – bis De Palma bekannte Szenen noch einmal aus einem anderen Blickwinkel präsentiert und für erfrischende Verwirrung sorgt. Nur eines jener „unverkennbaren Merkmale“ seines Regiestils, die er auch in „Passion“ wieder anwendet – und den Film unbedingt sehenswert machen.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung sowie deutsche Untertitel. Als Extras befinden sich Interviews, Trailer und ein Mini-Making of auf den Discs. „Passion“ erscheint bei Elite Film AG (Ascot Elite) und ist ab 19. November erhältlich. (Packshot: © Ascot Elite)

Heimkino-Tipp: „Müll im Garten Eden“ (2012)

Neulich auf dem Filmfest in Hamburg: Nach der Aufführung des neuen Roman Polanski-Films „Venus im Pelz“ erwischten wir Hauptdarstellerin und Regisseurs-Gattin Emmanuelle Seigner beim Verlassen des Kinosaals und baten sie um ein gemeinsames Foto. Sie willigte ein, wir platzierten uns neben sie – doch keiner der wenigen Anwesenden wollte zunächst den Auslöser für uns betätigen. Bis plötzlich einer ihrer Begleiter hervor preschte und uns aushalf: Fatih Akin!

Zur Erinnerung: Es handelte sich dabei um Fatih Cannes-Preisträger-, Goldener Bär-Gewinner-, Grimme-Preisträger-, Gewinner des Deutschen und Europäischen Filmpreises-, Jury-Spezialpreisbesitzer der Filmfestspiele von Venedig-Akin, der dank Filmen wie „Solino“, „Gegen die Wand“, „Auf der anderen Seite“ und „Soul Kitchen“ zweifellos zu den besten und erfolgreichsten Regisseuren Deutschlands zählt. Und zu den ambitioniertesten.

Dies beweist unter anderem seine Dokumentation „Müll im Garten Eden“, die er während der vergangenen Jahre, von 2007 bis 2012 in der Türkei drehte. Erstmalig erwähnt hatte Akin sie bereits während seiner Premierentour zu „Auf der anderen Seite“, hatte dieser Spielfilm ihn doch auf etwas aufmerksam gemacht, wovon über die Grenzen des Bergdorfes Çamburnu hinaus wohl sonst niemand Notiz genommen hätte. Akin war damals zu Dreharbeiten in den Heimatort seiner Großeltern gekommen und erfuhr von einem Projekt, das bereits in der Planungsphase für Unruhe und Proteste unter den Dorfbewohnern sorgte: Hier, inmitten von Teeplantagen und direkt am Schwarzen Meer gelegen, sollte eine neue Mülldeponie entstehen. Der Bürgermeister versuchte zunächst, den von der Regierung gefassten Beschluss anzufechten, wurde stattdessen aber selbst vor Gericht geladen und „umgestimmt“.

Was dann folgte, ist eine bis heute andauernde, scheinbar unendliche Reihe von Bauschlamperei, fehlenden Schutzmaßnahmen und Ignoranz für Klima, Standort und Einwohner seitens der Bauherren und ihrer Auftraggeber. So glaubt man zu Beginn, der Geruchsbelästigung mit versprühtem Parfüm begegnen zu können, bessert Risse in der Schutzmembran, die ein Versickern giftiger Stoffe in das Grundwasser verhindern soll, nur halbherzig aus und nennt es schlicht „Gottes Wille“, wenn zuviel Regen die Müllberge Richtung Dorf in Bewegung setzt oder ungeklärte Abwässer über die viel zu niedrigen Beckenränder laufen. Das Erschreckende: In den folgenden Jahren sollte es noch schlimmer kommen.



Es fällt angesichts des offensichtlichen Fehlverhaltens der Behörden schwer, Distanz zu wahren. Akin, der ebenso wie sein Team nur beobachtet und auch verbal nicht in den Film „eingreift“, versucht in „Müll im Garten Eden“ ausgewogen alle Seiten zu repräsentieren, behält dabei aber stets den Alltag der Dorfbewohner im Mittelpunkt. Wohl auch, da die verantwortlichen Bauherren zu keiner Zeit konstruktive Argumente für das Projekt vorbringen können. Ihnen gegenüber stehen Bauern und Familien, die um ihre Ernte, ihre Nahrung und ihre Gesundheit fürchten müssen, da das Grundwasser verschmutzt, ihre Plantagen von Vogelkot übersät und ihr Badestrand dank Abfällen zerstört ist. Streunende Hunde, Wildschweine und anderes Getier, das die offene Mülldeponie ebenso anzieht, machen den Ort nahezu unbewohnbar.

So wird Çamburnu sukzessive zu einer Art Mini-Fukushima, wo stets erst reagiert wird, wenn ein Zwischenfall bereits eine weitere Katastrophe verursacht hat – und davon gibt es hier leider reichlich. Auch langfristig sind die Folgen nicht abzusehen, wie Gespräche mit der Bevölkerung zeigen: Investitionen bleiben aus, Erträge gehen zurück, Einwohner ziehen weg.

Akin inszeniert seine Dokumentation als Kampf einer kleinen Gemeinde gegen offensichtliches Unrecht und nutzt dabei eine ruhige Kameraführung, die den langsamen Zerfall einer einst schönen Siedlung eindrucksvoll einfängt. Auf optische Spielereien wird zugunsten des Informationsgehalts verzichtet, ein Off-Kommentar ist angesichts der sicht- und hörbaren Ereignisse ebenfalls überflüssig. Nur das Fehlen von „Bauchbinden“ mit Namen/Funktion der wichtigsten Akteure verwundert ein wenig, zwingt den Zuschauer andererseits aber dazu, sich nur anhand der Aussagen eine Meinung über die Personen zu bilden. Was bleibt, ist eine nüchterne Bestandsaufnahme einer Katastrophe mit Ansage, der die Betroffenen nichts entgegen setzen können und die Verantwortlichen nichts entgegensetzen wollen.

Ein wichtiger Film, der gerade wegen seiner gezeigten Ausweglosigkeit Mut macht, selbst die Stimme zu erheben, wenn behördlicher Irrsinn auf gelebte Realität trifft.

Die DVD enthält den Film in türkischer Originalsprachfassung mit optionalen deutschen und englischen Untertiteln. Als Extras finden sich ein kurzer Bericht zur Entstehung der Doku sowie ein Kurzfilm auf der Disc, in dem Kinder von ihrem Leben in Çamburnu berichten. Eine umfangreiche Trailersammlung ergänzt die gelungene Umsetzung. „Müll im Garten Eden“ erscheint bei Pandora Film Home / AL!VE AG und ist ab 15. November erhältlich. (Packshot: © Pandora Film GmbH & Co. Verleih KG. Filmstill: © corazón international / Aksam Newspaper)

Gewinnspiel

Aufgepasst, aufgepasst! Eine DVD zum Film „Europa Report“ (Rezension HIER), erschienen im Oktober bei Ascot Elite, wartet auf die erste Mail, die ich unter cinecsaba@gmx.net erhalte.

Viel Glück!

(Packshot: © Ascot Elite)

Heimkino-Tipp: „Sharknado“ (2013)

Wo Licht ist, gibt es Schatten: Das gilt leider auch für die besprochenen Filme auf diesem Blog, weshalb nach der Rezension zum vielleicht besten Film des Jahres („Gravity“, siehe HIER) nun eine Besprechung zum absoluten Gegenteil folgt: „Sharknado“. Das Tragische daran ist die Tatsache, dass die Macher sich über das Brandmal „mieseste Produktion 2013“ auch noch freuen.

Der, ähm, Film stammt aus dem Hause „The Asylum“. Das amerikanische Studio gilt als die Heimat der sogenannten Mockbuster, billige Quasi-Kopien großer Hollywood-Filme mit ähnlichen Titeln, qualitativ allerdings meilenweit von ihren Vorbildern entfernt. Nach Streifen wie „Transmorphers“, „Titanic 2 – Die Rückkehr“ oder „Krieg der Welten 3 – Wie alles begann“ konzentrierte sich The Asylum ab 2009 vornehmlich auf Tierhorrorfilme, in denen wahlweise „Mega Shark“, „Mega Python“ oder „Mega Piranha“ auf Menschen losgelassen wurden. Bewusst billig, bewusst doof sollte das Endprodukt sein, denn Käufer für diesen Quatsch gab es offenbar genug – unter anderem der deutsche TV-Sender Tele 5, der zusammen mit Oliver Kalkofe gleich eine ganze Reihe daraus kreierte und seither in „Die schlechtesten Filme aller Zeiten“ dem TV-Schrott frönt.

Was nach Amüsement und jede Menge Trash klingt, ist im Falle von The Asylum jedoch Wunschdenken. Zwar versprechen die Trailer meist 80 Minuten anspruchslosen Spaß, sind die Monsterkreationen zumindest vom Namen her stets herrlich abstrus und die inhaltlichen Zutaten für einen bierseligen Filmabend somit alle vorhanden – das Ergebnis aber ärgerlicherweise ein ums andere Mal enttäuschend. Warum? Weil „guter“ Trash aus dem Wunsch der Macher entsteht, etwas Ansehnliches, Unterhaltsames und bei allen erzwungenen Beschränkungen auch Qualitatives abzuliefern. The Asylum verzichtet auf diesen Anspruch, arbeitet dilettantisch, ignoriert absichtlich einfachste Regeln des Filmemachens und beansprucht dann die Bezeichnung „Kult“ für sich.

All dies erreichte Anfang 2013 einen unerwarteten Höhepunkt mit der Ankündigung, einen Film mit dem Titel „Sharknado“ in der Mache zu haben. Allein die Plakatveröffentlichung (siehe Cover oben) sorgte für einen Internethype sondergleichen, der diesem fürs amerikanische Fernsehen produzierten Werk letztendlich sogar zu einem limitierten Kinoeinsatz verhalf. Die Vorfreude nützte nix, nach Betrachten von „Sharknado“ ist klar, dass The Asylum die Zuschauer, vornehmlich Trash-Fans, einmal mehr herzlich egal sind.

Die „Story“: Ein Wirbelsturm über dem offenen Meer hat einen Haischwarm in die Luft gerissen und steuert nun auf die kalifornische Küste zu. Dort ahnt der Strandbarbesitzer Fin das Unheil, kann aber nicht verhindern, dass Wind und Getier auf seine Gäste niederprasseln. Zusammen mit Freunden macht er sich auf Richtung Exfrau, um diese samt Kindern in Sicherheit zu bringen. Derweil wüten Sturm und Haie immer weiter.

Neben Ian Ziering (bekannt aus „Beverly Hills 90210“) und Tara Reid („American Pie“) hat sich auch Charakterdarsteller John Heard („Zeit des Erwachens“) überreden lassen, Teil dieses Projekts zu sein. Vielleicht hatte er ebenso wie sein Publikum darauf gehofft, dass „Sharknado“ allein wegen seines Titels und der lachhaften Prämisse satirisch und „over the top“ inszeniert wird. Regisseur Anthony C. Ferrante nimmt diesen Blödsinn aber tatsächlich ernst, lässt jede ironische Distanz vermissen und schafft es sogar, die wenigen Haiszenen derart zu verhunzen, dass außer erbärmlich agierenden Darstellern und schlecht animierten Wassermassen nichts zu erkennen ist. Offenbar auf dem Studioparkplatz nebenan gefilmt, sitzen die Protagonisten die meiste Zeit in einem Auto, während kurze Lichtblitze im Hintergrund Bewegung simulieren sollen. Witz und Tempo sind komplett absent, Schauwerte minimal. Statt unterhaltsamen Trash gibt es Langweile und die zunehmende Gewissheit, mit dem Plakat den Höhepunkt von „Sharknado“ bereits gesehen zu haben. Sogar die verpatzten Szenen („Gag Reel“) im Bonusmaterial wirken einstudiert, steif und vollkommen witzlos, was die Masche von The Asylum, auf Krampf Lacher zu fabrizieren, nur noch einmal verstärkt.

Nein, „Sharknado“ ist KEIN Kultfilm, besitzt weder Charme noch Unterhaltungswert und ist ein Schlag ins Gesicht jedes Trashfilm-Fans. Und wenn sogar das Machwerk „2-Headed Shark Attack“, ebenfalls von The Asylum und in kompletter Länge als Zugabe auf der Blu-ray, ansehnlicher ist als der Hauptfilm, ist irgendetwas mächtig schief gelaufen.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung. Untertitel sind nicht vorhanden. Das Bonusmaterial enthält den Trailer, ein kurzes Making of sowie verpatzte Szenen. Nur die Blu-ray hat darüber hinaus noch den Film „2-Headed Shark Attack“ samt Extras mit im Gepäck. „Sharknado“ erscheint bei Delta Music & Entertainment GmbH & Co. KG/Great Movies GmbH und ist seit 8. November erhältlich (Packshot: © Delta Music & Entertainment GmbH & Co. KG/Great Movies GmbH).

... im Nachgang: „Gravity“ (Kinostart: 3.10.2013)

Hat das Kinojahr seinen besten Film gefunden? Oder sind die Lobhudeleien für Alfonso Cuaróns neues Werk „Gravity“ doch übertrieben? In der Redaktion des Kinokalender Dresden stellt sich diese Frage nicht. Nachzulesen HIER.

(Bild: © Warner Bros. Entertainment Inc.)

Heimkino-Tipp: „Solitude“ (2003)

Im Heimkinobereich sind nachträgliche Titel- und Coververänderungen von bereits veröffentlichten Filmen (leider) keine Seltenheit mehr. Besonders seit dem Erfolg der „Twilight“- und „Saw“-Reihe ist es inzwischen Standard, auch ohne inhaltliche Verbindung eine ähnliche Formulierung in den Titel aufzunehmen, um so vielleicht noch einmal ein neues Publikum zu erreichen. Ärgerlicher Nebeneffekt: So kann es schon mal vorkommen, dass erst beim Auspacken der DVD/Blu-ray Zuhause auffällt, einen Film aus der eigenen Sammlung nachgekauft zu haben. Wem also folgende Inhaltsangabe bekannt vorkommt, könnte „Solitude“ bereits gesehen haben – unter Titeln wie „State of Mind“, „The United States of Leland“ oder „20 Messerstiche“.

Nun also „Solitude“, übersetzt „Einsamkeit“. Kein Super-GAU wie beispielsweise „96 Hours“ (OT: „Taken“), sondern in der Tat ganz passend für die herausfordernde Geschichte, die Regisseur/Autor Matthew Ryan Hoge hier erzählt.

Der Teenager Leland (Ryan Gosling) hat ohne ersichtlichen Grund den behinderten Bruder seiner Freundin Becky (Jena Malone) erstochen. Während Beckys Familie (u.a. Michelle Williams, Martin Donovan) versucht, mit dem Verlust klarzukommen, rätseln Lelands geschiedene Eltern (Lena Olin, Kevin Spacey) über die Ursachen, die zu dieser Tat geführt haben könnten. Nur dem Gefängnislehrer Pearl (Don Cheadle) gelingt es schließlich, den Jungen zum Reden zu bringen. Dabei wird schnell deutlich, dass der nachdenkliche und stets freundlich auftretende Leland einen ganz besonderen Blick auf die Welt und seine Mitmenschen hat.

Obwohl die Figur des Leland eindeutig im Mittelpunkt steht, ist „Solitude“ ein Ensemblestück. Das zeigt sich allein schon an der prominenten Besetzung und der Art und Weise, wie Hoge seine vielen Figuren scheinbar mühelos in die Geschichte einflechtet. Sie alle stehen in einer Beziehung zu Leland, den Gosling als intelligenten und neugierigen Charakter präsentiert und so mühelos die Sympathie des Publikums auf sich zieht – trotz einiger sonderbarer Verhaltensmerkmale. Beinahe unbemerkt macht Hoge seine Zuschauer somit zu Komplizen des Mörders, zumal dieser als einziger hin und wieder im Off-Kommentar zu hören ist. Das ist mutig und sicherlich auch notwendig, um als Zuschauer die finale Auflösung zumindest ansatzweise nachvollziehen zu können. Gleichzeitig ist die Inszenierung selbst angenehm zurückhaltend, was den vielen Talenten vor der Kamera ausreichend Platz zum Brillieren gibt.

Fazit: Obwohl schon einige Jahre alt, ist die Neuveröffentlichung von „State of Mind“ aufgrund des aktuellen Hypes um Hauptdarsteller Ryan Gosling gerechtfertigt, besonders wenn es sich um solche Independent-Perlen wie diese handelt. Definitiv kein Film, der sich nebenbei „weggucken“ lässt, sondern vielmehr ein anspruchsvolles Drama, das zur Diskussion einlädt und nachwirkt. Egal unter welchem Titel.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung, leider aber keinerlei Untertitel. Im Bonusteil finden sich Trailer zum Hauptfilm und anderen Titeln. „Solitude“ erscheint bei 3L Vertriebs GmbH & Co. KG und ist seit 17. Oktober (unter diesem Titel) erhältlich. (Packshot: © 3L)

Heimkino-Tipp: „The Lords of Salem“ (2012)

Mainstream ist sein Ding nicht: Der amerikanische Künstler Rob Zombie, der schon länger erfolgreich als Musiker, Drehbuchschreiber und Comicautor unterwegs ist, hat auch als Regisseur von Musikclips und Spielfilmen schon für Aufsehen gesorgt. Nach zwei „Nischenproduktionen“ Anfang der 2000er-Jahre („Haus der 1000 Leichen“, „TDR – The Devil’s Rejects“) erhielt er 2007 die ehrenvolle Aufgabe, den Horrorklassiker „Halloween“ neu zu verfilmen. Seine eigenwillige Version war nicht jedermanns Sache, vom künstlerischen Standpunkt aus betrachtet jedoch gelungen. Mit „Halloween II“ (2009) wurde es anschließend noch abstrakter, nun folgt mit „The Lords of Salem“ das nach eigenen Aussagen „metaphorische und spirituelle Prequel zu den ‚Halloween‘-Filmen“.

Die alleinstehende DJane Heidi (Zombies Ehefrau Sheri Moon) arbeitet bei einem lokalen Radiosender des Örtchens Salem. Mit zwei Kollegen moderiert sie nachts eine Sendung, die sich bevorzugt der Metal-Musik widmet. Eines Tages wird im Studio eine Platte für sie hinterlegt, die außer dem Label „The Lords“ keinerlei äußerlich sichtbare Informationen enthält. Wie üblich, legt sie die Vinyl-Scheibe in ihrer Show auf, die prompt rückwärts abläuft. Zu hören ist lediglich eine aus wenigen Noten bestehende Melodie, die Heidi sehr schnell Unbehagen bereitet. Als sich in den kommenden Tagen zudem seltsame Ereignisse in der Etage ihres Wohnhauses zutragen, gerät ihr Leben sukzessive aus den Fugen. Was Realität und was Einbildung ist, kann Heidi bald nicht mehr unterscheiden.

Ähnlich wie im diesjährigen „Evil Dead“-Remake versucht sich die Protagonistin in „The Lords of Salem“ gerade an einem Drogenentzug, als das Unheil über sie hereinbricht. Mit diesem Storykniff gelingt es Regisseur Zombie, sein Publikum ein ums andere Mal aufs Glatteis zu führen. Denn wie Heidi selbst ist so dem Zuschauer nie ganz klar, was nur ihrer Fantasie entsprungen ist und was nicht. Von einer bedrohlichen, herbstlich-düsteren Stimmung getragen, begleitet der Streifen den langsamen Ritt einer Frau in den Wahnsinn (in die Hölle?), wobei das Drehbuch Verweise auf historische Ereignisse gekonnt mit Okkultismus, Satanismus und Hexengeschichten verbindet, um daraus einen optisch ansprechenden, inhaltlich aber teilweise ebenso verwirrenden Mix zu kreieren. Dabei wagt sich Zombie auch an Szenen und Bilder, die den guten Geschmack weit hinter sich lassen, als Grusel - und Ekeleffekte aber gut funktionieren.

Schauspielerisch bewegt sich „The Lords of Salem“ auf ordentlichem Niveau, wobei Zombie seiner Vorliebe für kaputte Charaktere treu bleibt, was ein wirkliches Mitfühlen, oder besser: -leiden eher erschwert. Erfreulich ist auf jeden Fall Zombies zweites Faible für bekannte Altstars, die er gern in Nebenrollen besetzt: Wer ein paar Filme (z.B. „E.T.“ oder „The Running Man“) aus den 1980er-Jahren kennt, wird sich verwundert die Augen reiben.

„The Lords of Salem“ ist weit entfernt von einem „typischen“ Horrorfilm, wie er dieser Tage gewöhnlich aus Hollywood kommt. Kein leicht verdaulicher Streifen, da Zombie seinen eigenen, bekannten Stil konsequent weiterverfolgt und dabei nicht unbedingt Wert darauf legt, dass alle Zuschauer dieser Reise in die Finsternis folgen können. Ein zwiespältiges Werk, das mich zugegebenermaßen etwas ratlos – aber keinesfalls enttäuscht – zurückgelassen hat.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung sowie deutsche und englische Untertitel. Als Bonusmaterial gibt es lediglich vier Trailer zu anderen Filmen. „The Lords of Salem“ erscheint bei Universal Pictures Germany GmbH und ist seit 31. Oktober erhältlich. (Packshot: © Universal Pictures)