Heimkino-Tipp: „Foxcatcher“ (2014)

The Undertaker

„Foxcatcher“ ist ein Film, der in vielerlei Weise gegen die Erwartungen gebürstet ist: Für einen *Achtung: Geständnis* Fan des frühen 90er-Jahre-Wrestling-Zirkus’, der als Teenager nächtelang vor dem TV wach blieb, um Männer wie Bret „the Hit Man“ Hart im Ring erleben zu können, ist das Werk definitiv viel zu bedächtig inszeniert. Erwartet man hingegen ein mitreißendes Drama im Stile früherer Bennett Miller-Arbeiten, wird man nach dem Schauen „Capote“ als leichte Komödie bezeichnen. Und wer den Fehler macht, aufgrund der Besetzung von Steve Carell in der Hauptrolle auf etwas Amüsantes zu hoffen, wird ebenfalls keinen befriedigenden Filmabend verleben. Kurz: „Foxcatcher“ ist eine cineastische Herausforderung.

Erzählt wird die wahre Geschichte des exzentrischen Millionärs John du Pont (Carell), der den Ringern Mark Schultz (Channing Tatum) und dessen Bruder David (Mark Ruffalo) nach den für beide erfolgreichen Olympischen Spielen 1984 anbietet, auf seiner abgelegenen Ranch für die nächsten Medaillen und Wettkämpfe zu trainieren. Du Pont will sogar ein ganzes Team aufbauen, das den bisher immer etwas belächelten Sport endlich zu einer festen Größe in Amerika machen soll. Aufgrund mangelnder Alternativen und der Aussicht, so seinem bescheidenen, einsamen Leben zu entkommen, nimmt Mark das Angebot an, während David lieber Zeit mit seiner Familie verbringen will und dankend ablehnt. So entsteht in den folgenden Monaten zwischen dem bulligen Kämpfer Mark und seinem Sponsor John eine überaus sonderbare Beziehung, die von Achtung aber auch Unterwerfung geprägt ist – und schließlich in einer Katastrophe mündet.

Mit langen Einstellungen, wenigen Dialogen und einer sehr behäbig wirkenden Erzählweise seziert Regisseur Bennett Miller in „Foxcatcher“ eine Dreierbeziehung, die gleichsam befremdlich wie faszinierend wirkt. Vor allem Channing Tatum präsentiert mit seiner Körperhaltung und seiner Sprechweise eine beängstigend gute Darstellung eines scheinbar unselbstständigen Sportlers, der nur im Ring seinen Emotionen freien Lauf lassen kann, während er außerhalb der Arena kaum zu sozialer Interaktion fähig ist. Ein Ärgernis, dass gerade Tatum von allen drei Hauptdarstellern als einziger keine Oscar-Nominierung erhielt. Ganz anders verhält es sich nämlich bei Carell: Mag seine Performance in der Rolle des du Pont angesichts seiner bisherigen Filmografie überraschen, die Oscar-Nominierung hätte statt seiner eher das Make up-Departement verdient: Sein bis zur Unkenntlichkeit verändertes Gesicht gepaart mit seinen minimalistischen Regungen sind schier furchteinflößend.

Bei aller Begeisterung für die Akteure vor der Kamera – für 134 Minuten Film ist das zu wenig. Einerseits ist es löblich, dass Regisseur Miller darauf verzichtete, die dünne Geschichte künstlich aufzublasen und mit zusätzlichen dramatischen Szenen zu garnieren. Andererseits hätte die Story von „Foxcatcher“ so auch in knackige 90 Minuten gepasst. Zu vorhersehbar sind die wenigen Ereignisse und Wendungen, zu selten die wirklich packenden Konfrontationen der einzelnen Charaktere. Da helfen auch die eingestreuten, fantastisch gefilmten und von ungeheurer Körperlichkeit geprägten Ringkämpfe nichts, bei denen man den Schweiß der Akteure förmlich riechen kann.

Fazit: Ein Film, dem ein verkürzter „Director’s Cut“ guttun würde, und ein weiterer wichtiger Eckpfeiler in einer immer interessanter werdenden Karriere des Channing Tatum.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung sowie deutsche Untertitel. Als Bonusmaterial gibt es geschnittene Szenen, ein Doku zu den realen Hintergründen des Films, eine Bildergalerie sowie Trailer. „Foxcatcher“ erscheint bei Koch Media und ist seit 25. Juni 2015 erhältlich. (Plakat: © Koch Media GmbH / still: ©Fair Hill LLC)

Heimkino-Tipp: „Blackhat“ (2015)

Der Staatsfeind Nr. 1

Zackig, kompromisslos, direkt: Beim Lesen der Drehberichte zu einem Michael-Mann-Film entsteht schnell der Eindruck, dass der vierfach Oscar-nominierte Filmemacher, der der Welt unter anderem die Kultserie „Miami Vice“ schenkte, hinter der Kamera so agiert wie seine Werke später auf der Leinwand wirken. Wer sich auf einen Mann-Film einlässt, sollte sich also stets anschnallen – nicht nur wegen des immensen Tempos, sondern ebenso wegen der emotionalen Achterbahnfahrten, die er seinen meist perfekt gecasteten Schauspielern selbst in den kürzesten Szenen entlocken kann. Zugegeben, nicht immer ist diese Kombination in der Vergangenheit 100%ig aufgegangen (siehe „Public Enemies“, ein Historienstreifen inszeniert im modernen Stil), aber auch in seinen ‚schwachen Momenten‘ ist Manns Können herausragend und besser als Vieles, was Hollywood im Thriller- und Actionbereich zu bieten hat – zumindest wenn man es realitätsnah mag.

Sein aktueller Film „Blackhat“ ist ein wunderbares Beispiel dafür: „Cyber“, so der Arbeitstitel seines ersten Streifens nach sechs Jahren Abstinenz, ist geradezu prädestiniert für einen Regisseur seines Kalibers. Ein atemloser Großstadtkrimi um einen Computer-Nerd namens Nick (Chris „Thor“ Hemsworth), der von der CIA aus dem Knast geholt wird, damit er bei der Jagd nach einem weltweit operierenden Hacker aushilft. Der bedroht nicht nur die öffentliche Sicherheit, indem er beispielsweise die Computergestützte Regulation von Staudämmen mit Viren infiziert, sondern beeinflusst auch die globalen Finanzmärkte nach seinen Wünschen – mit weitreichenden Folgen. Eine Hatz rund um den Globus nimmt seinen Lauf, bei der Regisseur Mann seinen Darstellern und Zuschauern kaum Verschnaufpausen gönnt. Das alles ist weit entfernt von naiven Krimikomödien, in denen ein bebrillter, sozial inkompetenter, pickeliger Tastenschrubber seinem coolen Cop-Buddy wertvolle Tipps via Skype zukommen lässt. Nein, bei Mann und seinem Debüt-Autoren Morgan Davis Foehl gibt es mit Nick den Nerd und coolen Macker in Personalunion, der einem Mafia-ähnlichem Kartell auf die Spur kommt, dessen Strippenzieher weder moralische Grenzen noch Skrupel kennen, um die eigenen Ziele zu erreichen.

Wie Mann dies, wie schon so oft zuvor, mit beinahe dokumentarischen Mitteln aufzwirbelt und die Kamera mittenreinwirft ins Geschehen, ist meisterlich. Bild/Ton/Schnitt sind eins, hypnotisieren, reißen mit. Das alles ist für Mann’sche Verhältnisse zwar nicht neu – sogar für eine epische Ballerei à la „Heat“ ist wieder Platz –, sorgt aber dennoch für feuchte Handflächen. Ob es letztendlich einen bulligen Darsteller wie Hemsworth oder eine Liebesgeschichte zwischen seinem Charakter und seiner schönen Helferin gebraucht hätte, damit der Film funktioniert, sei mal dahingestellt. Und ja, auch die cineastische Nachhaltigkeit von „Blackhat“ darf bezweifelt werden, obgleich die Parallelen zu aktuellen Geschehnissen und Entwicklungen bezüglich unserer Internetnutzung genug Diskussionsmaterial liefern. Nichtsdestotrotz zeigt Mann mit dem Cyber-Thriller einmal mehr, dass ihm stilistisch so schnell keiner das Wasser reichen kann.

Ach ja, Mr. Mann ist übrigens 72 Jahre alt.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film u.a. in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung sowie deutsche und englische Untertitel. Nur die Blu-ray bietet zudem im Bonusmaterial noch drei Kurzdokus zur Entstehung des Films. „Blackhat“ erscheint bei Universal Pictures Germany GmbH und ist seit 18. Juni 2015 erhältlich. (Packshot: © Universal Pictures)

Heimkino-Tipp: „1001 Gramm“ (2014)

Das richtige Maß

Der norwegische Regisseur Bent Hamer hat ein Gespür für skurrile Geschichten und Charaktere: Widmete er sich in „Kitchen Stories“ (2003) einer (realen!) Langzeitstudie schwedischer Forscher über das Verhalten von Single-Männern in ihren Küchen, so stand in „O‘Horten“ (2007) ein Zugführer im Mittelpunkt, der ausgerechnet an seinem letzten Arbeitstag das Abenteuer seines Lebens erfährt. In seinem aktuellen Werk „1001 Gramm“ begleitet er nun eine junge Dame des norwegischen Eichamts auf einer Reise zu einem Kiloseminar (sic!) in Paris. Klingt seltsam? Ist es auch, aber in der für Hamer so typisch berührenden, warmherzigen und unterhaltsamen Art und Weise.

Die geschiedene Marie (Ane Dahl Torp) arbeitet wie ihr Vater Ernst (Stein Winge) als Wissenschaftlerin und reist durchs Land, um allerorts Messgeräte zu kontrollieren. Ob Briefwaage oder Benzinpumpe, akribisch und gewissenhaft registriert sie jede Abweichung. Privat ist ihr Leben ebenfalls von Ruhe bestimmt: Außer ihrem geliebten Papa hat sie nur wenige soziale Kontakte, fährt täglich mit ihrem Miniatur-Elektroauto vom Haus zur Arbeit, und verbringt ihre Abende meist in stiller Einsamkeit. Als ihr Vater nicht wie geplant zum jährlichen Treffen der Referenzkilo-Hüter fahren kann, tritt sie statt seiner die Reise in die französische Hauptstadt an. Ein Trip mit romantischen Folgen.

Es ist immer wieder erstaunlich, wie es Bent Hamer in seinen Filmen gelingt, sonderbare Figuren direkt in die Herzen seiner Zuschauer zu katapultieren, ohne auf ‚billige Tricks‘ zurückzugreifen. Beispiel Marie: Eine schweigsame Frau, hübsch aber kein Supermodel, spröde in ihrem Auftreten, zurückhaltend aber doch kommunikativ. Sofort fühlt man(n?) sich mit ihr verbunden, versteht ihre Sicht auf die Welt und freut sich mit ihr, wenn sie erste zarte Bande mit einer französischen Zufallsbekanntschaft (Laurent Stocker) knüpft. Quasi nebenbei porträtiert der Film zusätzlich einen Beruf, der ebenso normal wie außergewöhnlich ist, und wohl bisher kaum einem Jugendlichen als Traumjob in den Sinn gekommen ist. Respektvoll und gleichsam verschmitzt schaut Hamer den Männern und Frauen beim Seminar dabei zu, wie sie in Paris staunend vor der „Mutter aller Kilos“ stehen, oder verblüfften Zollbeamten erklären müssen, warum sie ihr zylinderförmiges Gepäckstück, das ein exakt kalibriertes Gewicht beherbergt, nicht am Flughafen öffnen können.

Das alles dient Hamer, der einmal mehr auch für Drehbuch und Produktion verantwortlich zeichnet, natürlich vornehmlich zur Charakterisierung seiner Hauptfigur, die sich im Laufe des Filmes fragt, was wohl „die Liebe wiegt“ oder welchen Einfluss und Sinn weltweit standardisierte Maßangaben in einer chaotischen Welt voller Ungleichheiten haben. Und was wäre ein passendes Gegengewicht zu Einsamkeit, Trauer und Enttäuschung?

„1001 Gramm“ ist eine leise, von sanftem Humor durchzogene Tragikomödie, die eine wunderbare Melancholie verströmt und Bent Hamer einmal mehr als einen der besten Regisseure Skandinaviens ausweist.

Die DVD enthält den Film in deutscher Synchron- und norwegisch/französisch/englischer Originalsprachfassung. Deutsche Untertitel sowie Untertitel für Hörgeschädigte und eine Hörfilmfassung sind erfreulicherweise ebenso vorhanden. Als Extras gibt es eine Trailershow. „1001 Gramm“ erscheint bei Pandora Film / AL!VE AG und ist ab 19. Juni 2015 erhältlich. (Packshot + Stills: © Pandora Film Verleih)

Heimkino-Tipp: „Good Kill“ (2014)

Reality Bytes

Mit der Ankündigung, die Bundeswehr in den kommenden Jahren vermehrt mit Drohnen auszustatten, hat Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen den Startschuss (no pun intended!) zu einem neuen Kapitel in der Geschichte der deutschen Militärpolitik gegeben. Allerdings bezweifle ich, dass sie vor dieser Entscheidung den Thriller „Good Kill“ von Andrew Niccol gesehen hat – was sie definitiv schnellstens nachholen sollte, um anschließend ihren Beschluss noch einmal zu überdenken.

Die nach „Gattaca“ (1997) und „Lord of War“ (2005) dritte Zusammenarbeit von Regisseur Niccol und Schauspieler Ethan Hawke ist eine kühle und präzise Analyse eines menschenverachtenden Krieges, in dem ferngesteuerte Maschinen die Drecksarbeit übernehmen, während viele tausende Kilometer entfernt die Verantwortlichen an einem Joystick sitzend tödliche Entscheidungen treffen oder auf Befehl begehen. Einer dieser Drohnenpiloten ist Thomas Egan (Hawke), der auf einer amerikanischen Militärbasis nahe Las Vegas(!) in einem Container schwitzt und Raketen auf vermeintliche Terroristen abfeuert. Ein nach strengen Abläufen geregelter Prozess, der bei aller Anonymität zu den Opfern nicht spurlos an Egan vorübergeht. Abends sitzt er schweigend in seinem perfekten Haus mit seiner (scheinbar) perfekten Familie und hadert mit seinem Job, der so weit weg ist von dem, was er eigentlich tun will: ein echtes Flugzeug fliegen.

Der moralische Druck steigt, als die CIA beschließt, fortan nicht aufgrund von Indizien, sondern lediglich aufgrund von Verdächtigungen „Ziele auszuschalten“. Die Kollateralschäden wachsen, die zivilen Opferzahlen ebenso. Derweil beginnt auch Egans Privatleben sich mehr und mehr in ein Schlachtfeld zu verwandeln.

Spickte Niccol sein Meisterstück „Lord of War“ über einen skrupellosen Waffenhändler noch mit sarkastischem Unterton, um das Gezeigte einigermaßen erträglich zu machen, ist der Humor in „Good Kill“ einer wütenden Anklage gegen die Doppelmoral der USA gewichen. Mit Sätzen wie „Es ist leichter diese Menschen zu töten, als sie gefangen zu nehmen. Denn wenn wir sie inhaftieren, müssten wir sie foltern.“, die ein amerikanischer Soldat in Anwesenheit seines nicht minder desillusionierten Vorgesetzten (großartig: Bruce Greenwood als Lt. Colonel Jack Johns) von sich gibt, macht Niccol klar, was er von dieser ‚modernen‘ Art der Kriegsführung hält. Zum Glück ist der Filmemacher jedoch Profi genug, um seine Aversion nicht plump und polemisch zu artikulieren. Stattdessen nimmt er stellvertretend für die Zuschauer die distanzierte Beobachterrolle ein und dokumentiert lediglich die Taten der Soldaten am Bildschirm. Die Grenzen zwischen vermeintlichen Terroristen und Friedensstiftern verschwimmen nach und nach von ganz allein.

„Good Kill“ ist starker Tobak, der ein lange überfälliges Schlaglicht auf eine neue Art der Kriegsführung wirft, die keine Unterscheidung zwischen „Täter“ und „Opfer“ macht, sondern nur zweierlei hinterlässt: Wut und Leid. Ein wichtiger, ein herausragender Film.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung sowie deutsche Untertitel. Als Extras gibt es ein Making of sowie Trailer. „Good Kill“ erscheint bei Elite Film AG (Ascot Elite) und ist seit 09. Juni 2015 erhältlich. (Packshot + Filmstills: © Ascot Elite)

Heimkino-Tipp: „Reach Me“ (2014)

Short Cuts

Oha! Es gibt nicht viele Regisseure, denen es gelingt, derart viele namhafte Schauspieler für ein Projekt zu begeistern, wie es John Herzfeld mit „Reach Me“ geschafft hat. Die Verwunderung ist umso größer, da es sich hierbei weder um die Adaption eines Romanbestsellers noch um ein Remake eines älteren Erfolgsfilms handelt. Nein, das Drehbuch für Herzfelds neuesten Streifen stammt komplett aus seiner Feder – was ihn bei allem Respekt für diese Mehrfachbelastung als Autor, Regisseur und Darsteller wiederum aber auch zum ‚Hauptangeklagten‘ macht. Denn trotz hoher Stardichte ist „Reach Me“ vor allem eins: misslungen.

Dabei bewegt sich Herzfeld, der kreative Kopf hinter „Zwei Tage in L.A.“ (1996), eigentlich auf vertrautem Terrain: „Reach Me“ präsentiert eine Tragikomödie in Episodenform mit mehreren Charakteren, deren Leben dank eines Buchs miteinander verbunden sind. Zu Beginn ist ihnen dies natürlich noch nicht bewusst, doch Kollege Schicksal zieht im Hintergrund schon fleißig die Fäden, um sie alle am Ende an einem Ort zusammenzubringen. Im Mittelpunkt des Kaleidoskops steht dabei der Verfasser eben jenes Buches, Teddy Raymonds (Tom Berenger). Der ist vom gigantischen Erfolg seines Ratgebers ebenso überrascht wie der kaltschnäuzige Gerald (Sylvester Stallone), Chef eines Online-Klatschportals, der sogleich seinen Assistenten Roger (Kevin Connolly) in die Spur schickt, um den öffentlichkeitsscheuen Autor aufzuspüren. Einer von dessen größten Fans ist die soeben aus dem Knast entlassene Colette (Kyra Sedgwick), deren Leben durch die Begegnung mit dem Cop Wolfie (Thomas Jane) und dem Priester Paul (Danny Aiello) eine unerwartete Wendung nimmt.

Davon gibt es übrigens reichlich in „Reach Me“, meist einhergehend mit Gastauftritten weiterer bekannter Darsteller wie Danny Trejo, Tom Sizemore, Terry Crews, Rapper Nelly, Cary Elwes oder dem gebürtigen Hamburger Christoph M. Ohrt, der einen erfolglosen deutschen Regisseur geben darf. So erfreulich dieses Schaulaufen auch ist, dem Hauptproblem des Films hilft es kaum: Es fehlt schlicht an einer stringenten, fesselnden Handlung. So bekommt jeder Charakter ein paar Szenen und persönliche Probleme zugestanden, die dank der meist platten Floskeln aus dem Ratgeber-Buch plötzlich lösbar sind und auf unterschiedliche Weise verdeutlichen sollen: „Du kannst alles schaffen, wenn Du es nur willst!“. Der uramerikanische Traum sozusagen, in diesem Falle allerdings sehr spannungsarm und ohne einen Anflug von filmischer Kreativität umgesetzt. Zumal einzelne Nebenschauplätze und -Figuren, wie die des Gangsters Frank, nur dazu dienen, dem belanglosen Finale noch eine Actionsequenz anfügen zu können, die in ihrer dilettantischen Umsetzung an den grauseligen Stallone-Rohrkrepierer „Avenging Angelo“ (2002) erinnert.

Apropos Sly: Der scheint seinem Buddy Herzfeld – beide traten zusammen in „Die City-Cobra“ (1986) auf – beim Casting nicht nur die halbe „Expendables“-Truppe (Crews, Kelsey Grammer) und seinen Bruder Frank aufgeschwatzt zu haben, sondern durfte gleich mehrere seiner selbstgemalten Kunstwerke unübersehbar in die Sets hängen, vom Buchcover, das er entworfen hat, ganz zu schweigen (siehe nächstens Bild). All diese Fakten (und die Besetzung) verstärken nur die Vermutung, dass das Hauptaugenmerk bei „Reach Me“ eher auf das Drumherum denn auf den Inhalt gelegt wurde.

Fazit: Selten ist so viel Potenzial vor und hinter der Kamera derart billig verheizt worden. Schade. Sehr schade.

Die DVD/Blu-ray bietet den Film in deutsch synchronisierter und englischer Originalsprachfassung. Leider sind für die meisten Darsteller nicht deren bekannte Synchronstimmen genutzt worden, was vor allem bei Herrn Stallone verwirrt. Untertitel sind bedauerlicherweise keine vorhanden. Als Extra gibt es einen Trailer zum Film. „Reach Me“ erscheint bei EuroVideo und ist seit 28. Mai 2015 erhältlich. (Packshot + still: EuroVideo)